Immer mehr Menschen setzen sich ein verantwortungsvolles, umweltbewusstes Leben zum Ziel. Ganz gleich, ob es sich dabei um eine minimalistische Lebensweise, den Versuch möglichst hoher Müllvermeidung oder den Kauf eines Elektroautos handelt, bewussteres Leben und Achtsamkeit sind im Trend.
Etwa eine Million Menschen in Deutschland ernährt sich laut Vegetarierbund (VEBU) vegan. Täglich kämen rund 200 Veganer hinzu, heißt es weiter. Doch vegan leben, heißt nicht nur kein Fleisch, keine Eier und keine Milchprodukte zu essen. Es bedeutet auch den Verzicht auf tierische Produkte in allen Lebenslagen. So auch beim Autofahren.
Was ist denn an einem Auto nicht vegan, mag sich fragen. Grundsätzlich werden bei der Autoproduktion keine Tierprodukte verwendet. Auch Tierversuche zur Verbesserung von Leistungsmerkmalen finden nicht statt. Lediglich die Innenraumausstattung, selten auch die Rezeptur der Autoreifen – könnte für Veganer einen Konflikt kreieren.
Was bei Kleinst- und Kleinwagen oft kein Problem ist, weil diese Gruppe häufig mit Kunststoff-Sitzbezügen und Armaturenbrettern ausgestattet sind, gestaltet sich bei Premiumfahrzeugen schon deutlich schwieriger. Denn Luxus wird oftmals mit weichem Leder gleichgesetzt und selbst, wer auf dieses hochwertige Material verzichtet, sollte lieber nachfragen, ob auch das Innere der Sitze beispielsweise keine Wolle enthält.
Das ist gar kein Leder. – Nein? – Doch!
Besonders in den Autos der Oberklasse sind in den meisten Fällen Sitze, manchmal auch Armaturenbretter und fast immer die Lenkräder mit Tierleder bezogen. Doch der Anspruch auf eine bewussten Lebensstil hat auch die Autohersteller erreicht, die in vielen Fällen schon vegane Lederalternativen für ihre Fahrzeuge anbieten. Die am häufigsten verwendeten Materialien sind dabei Alcantara und Acella.
In den 70ern wurde Alcantara in Japan entwickelt, es handelt sich dabei um einen Mikrofaservliesstoff, der auf Polyester-/Polyurethan-Basis hergestellt wird und in seiner Beschaffenheit und Haptik an Veloursleder erinnert. Abgesehen von der Tierfreiheit, ist der Stoff zudem atmungsaktiver als Leder, rutschhemmend, weitgehend pflegefrei und wird aufgrund seines geringen Gewichts gern auch in Sportwagen verwendet. So nutzt zum Beispiel Porsche Alcantara vorzugsweise zur Innen-Ausstattung seiner GTS-Modelle.
Bei Acella hingegen handelt es sich um ein weiches, glattes Kunstleder, das aufgrund seiner besonderen Strapazierfähigkeit im Vergleich zu „echtem“ Leder, das schon mal kleinere Kratzer haben kann, keine Qualitätsschwankungen aufweist. Acella ist für die Innenraum-Ausstattung von Taxis und Carsharing-Wagen besonders beliebt. Volvo z.B. verwendet dieses Material im Modell XC60.
Doch die Alternativen zum tierischen Autointerieur sind noch vielfältiger. Zum Beispiel der von der Spanierin Carmen Hijosa am Londoner Royal College of Art entwickelte "Piñatex", ein aus Ananas-Blättern gewonnenes Kunstleder oder die Mikrofaser "Dinamica", die sich ähnlich wie Alcantara oder Veloursleder anfühlt. Und dann gibt es da noch das Unternehmen MyCoworks, das einen Leder wahnsinnig ähnlichen Stoff aus Pilzen gewinnt.
Wahrscheinlich sind die noch zum großen Teil unentdeckten Möglichkeiten, Tierleder zu ersetzen schier unbegrenzt. Tatsächlich aber werden schon viele Wagen - sogar im Premiumsegment - auch in veganer Ausstattung angeboten.